Unser Kontrabassist empfiehlt: Matthew McDonalds Highlights
Wucht, Präzision und Kraft: Dafür ist die Bassgruppe der Berliner Philharmoniker berühmt. Der gebürtige Australier Matthew McDonald ist seit 2009 als Solokontrabassist für das klangliche Fundament des Orchesters mitverantwortlich. In seine Playlist hat er Interpretationen mit Sir Simon Rattle – Werke vom Barock bis zum 20. Jahrhundert – und ein Konzert unter der Leitung von Claudio Abbado aufgenommen. Deren Nachfolger als philharmonischer Chefdirigent, Kirill Petrenko, leitete im Rahmen des Europakonzerts 2020 eine unvergessliche Aufführung von Mahlers Vierter Symphonie vor pandemiebedingt leeren Rängen in der Philharmonie.
Mit den Berliner Philharmonikern ist Matthew McDonald bereits seit dem Jahr 2000 verbunden, als er der orchestereigenen Karajan-Akademie beitrat. Nach seinem Konzertexamen und Stationen bei einigen anderen Klangkörpern erhielt er 2009 die Position des Ersten philharmonischen Solobassisten. In seiner Playlist lässt der Musiker die vergangenen elf Jahre seines Orchesterlebens Revue passieren.
Eine beglückende Entdeckung war für McDonald das Oratorium Das Paradies und die Peri von Robert Schumann. Zu dessen Lebzeiten hatte das Werk zu den größten Erfolgen des Komponisten gehört, später geriet es fast vollständig in Vergessenheit. Dies lässt sich auch in der Geschichte der Philharmoniker nachvollziehen: Bis in die 1930er-Jahre wurde das vom Kolorit des Orients inspirierte Werk regelmäßig, zwischen 1945 und 2009 aber nur ein einziges Mal gespielt. Die Komposition liegt Sir Simon Rattle, der eine Aufführung im Februar 2009 leitete, besonders am Herzen.
Von Robert Schumann, mit dessen Werken sich Simon Rattle als Chefdirigent besonders intensiv befasste, ist auch die Zweite Symphonie in dieser Auswahl zu finden. Sie verfügt mit dem Adagio über einen der schönsten Sätze der Romantik und – durch die satzübergreifend verwendeten Hauptthemen – auch über eine originelle formale Konzeption. Die hier vorliegende Aufführung entstand 2014 im Rahmen eines zyklischen Projekts, in dem Sir Simon die jeweils vier Symphonien von Schumann und Brahms einander gegenüberstellte. Brahms’ Weg zur Gattung war bekanntlich langwierig, das durch Beethovens Symphonien errichtete Idealbild wirkte einschüchternd und unerreichbar. Die beschwerliche Annäherung gipfelte schließlich aber im Triumph der Ersten Symphonie. McDonald nahm als relativ neues Orchestermitglied im Europakonzert des Jahres 2010 an einer Aufführung unter der Leitung von Daniel Barenboim teil, die ihm wegen ihrer Energie unvergessen geblieben ist.
Opern und musikdramatische Werke stehen bei den Berliner Philharmonikern nur zu besonderen Anlässen auf dem Programm; entsprechend prägend sind sie für alle Beteiligten. Neben Wagners Walküre hat McDonald mit George Gershwins Porgy and Bess ein Werk in seine Playlist aufgenommen, dem in der Geschichte des amerikanischen Musiktheaters eine nahezu einzigartige Bedeutung zukommt. Simon Rattle hatte bereits mit dem London Philharmonic Orchestra eine berühmte Aufnahme vorgelegt, bevor er das Stück mit den Philharmonikern 2012 interpretierte. Mit Claudio Abbado und Nikolaus Harnoncourt sind auch zwei inzwischen verstorbene, den Philharmonikern eng verbundene Dirigenten in der Auswahl vertreten. Am 18. Mai 2011, genau 100 Jahre nach Gustav Mahlers Tod leitete der ehemalige Chefdirigent Abbado eine Darbietung des symphonischen Vokalzyklus Das Lied von der Erde mit Anne Sofie von Otter und Jonas Kaufmann. Im selben Jahr trat Harnoncourt zum letzten Mal mit den Philharmonikern auf. Seine wuchtig-kompromisslose Deutung von Beethovens Fünfter Symphonie wurde von vielen Mitwirkenden und Zuhörenden geradezu als eine Offenbarung empfunden.
Die jüngste Aufnahme der Playlist stammt aus der Zeit, als durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie reguläre Konzerte ausgeschlossen waren. Dass das philharmonische Europakonzert trotz allem in kammerorchestraler Besetzung stattfinden konnte, wurde von allen Mitwirkenden und dem Publikum der Übertragung als großes Glück empfunden. Matthew McDonald gehörte zu den nur 15 Orchestermitgliedern, die unter der Leitung von Chefdirigent Kirill Petrenko eine Bearbeitung von Gustav Mahlers Vierter Symphonie zur Aufführung brachten.