Nikolaus Harnoncourt
Dirigent
Bevor er zum Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker ernannt wurde, leitete Herbert von Karajan einige Jahre die Wiener Symphoniker. Zu den Orchestermitgliedern gehörte damals der junge Cellist Nikolaus Harnoncourt. Wohl niemand hätte zu diesem Zeitpunkt erwartet, dass dieser über die Jahrzehnte einen Einfluss auf die Entwicklung der musikalischen Interpretation ausüben würde, der sich demjenigen Karajans als ebenbürtig erweisen sollte. Der Aufstieg zu einem der Väter der sogenannten historischen Aufführungspraxis begann mit der Rekonstruktion von Originalinstrumenten und der Gründung des bis heute konzertierenden Concentus Musicus, mit dem Harnoncourt seinen spezifischen Ansatz zur Interpretation Alter Musik verwirklichte – das zuerst äußerst umstrittene Konzept der »Klangrede.
In den 80er Jahren setzte die Zusammenarbeit mit renommierten traditionellen Klangkörpern wie dem Amsterdamer Concertgebouw-Orchester und den Wiener Philharmonikern ein. Harnoncourt wurde zu einem wichtigen Dirigenten der Salzburger Festspiele und leitete zugleich in Graz mit der [Styriarte] ein eigenes Festival. In den Jahren nach Herbert von Karajans Tod entwickelte sich schließlich eine intensive und produktive Zusammenarbeit zwischen Harnoncourt und den Berliner Philharmonikern. Anders als vielleicht zu erwarten gewesen wäre, stand dabei keineswegs die Barockmusik im Zentrum, sondern die Musik der Wiener Klassik und der mitteleuropäischen Romantik. Gesamtaufführungen der Symphonien von Brahms und Schubert wurden dabei auf Tonträgern festgehalten. Ein geplantes Gastdirigat mit Robert Schumanns [Szenen] aus Goethes Faust musste Harnoncourt aus Gesundheitsgründen 2013 absagen, und so sollte eine aufrüttelnde Interpretation von Beethovens Fünfter Symphonie im Oktober 2011 das letzte gemeinsame Konzert dieser zentralen Musikerpersönlichkeit des 20. Jahrhunderts mit den Philharmonikern bleiben.
