Simon Rattle dirigiert Schostakowitschs Vierte Symphonie
Dmitri Schostakowitsch selbst beklagte, seine Vierte Symphonie leide an »Grandiosomanie« – ein sicherlich zu hartes Urteil, denn Kraft und Größe dieses Werkes bleiben brüchig, wenden sich immer wieder ins Surreale. Simon Rattle lotete hier die vielen Schichten des Werks aus und dirigierte darüber hinaus Werke von Alban Berg und Paul Dessau. Solist*innen des Abends waren die Sopranistin Angela Denoke und der Pianist Lars Vogt.
Seine Vierte Symphonie leide an »Grandiosomanie«, klagte Dmitri Schostakowitsch, als er 1951 zum wiederholten Male die Uraufführung des 15 Jahre zuvor entstandenen Werks absagte. Ob er wirklich musikalische Bedenken hatte oder doch eher die stalinistische Zensur fürchtete, lässt sich heute nicht mit Sicherheit sagen. Tatsächlich ist die Vierte ein grandioses, um nicht zu sagen: gigantisches Opus. Aber die Größe bleibt brüchig, wendet sich immer wieder ins Surreale, mitunter auch in Tanz- oder Marschmotive. In diesem Sinne ist die Symphonie offenkundig dem Stil Gustav Mahlers verwandt und ermöglicht eine faszinierende Spurensuche.
Auch das erste Werk des Konzertes mit Simon Rattle wird von Mahlers Geist durchweht: ein Adagio aus der Lulu-Suite von Alban Bergs. Eine Entdeckung ist zudem die Kantate Les Voix von Paul Dessau, mit Sopranistin Angela Denoke und Pianist Lars Vogt. Dessau (1894–1979) war einer der vielseitigsten Komponisten seiner Zeit und schrieb gleichermaßen zwölftönige Werke wie auch Filmmusik (u. a. für Walt Disney und Alfred Hitchcock). Bei den Konzerten der Berliner Philharmoniker war er bisher nur einmal – 1970 – mit einem kurzen Werk vertreten.
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