Zubin Mehta und Martin Grubinger
Martin Grubinger, der »Multi-Percussion-Star, der bei seinen Auftritten mit schwindelerregender Akrobatik zwischen seinen vielen Instrumenten hin und her tobt« (Süddeutsche Zeitung), debütiert bei den Berliner Philharmonikern. Zu hören ist Peter Eötvös’ Speaking Drums, wo Grubinger seine ganze atemberaubende Vielseitigkeit demonstrieren kann. Dirigent Zubin Mehta präsentiert zudem Nikolai Rimsky-Korsakows exotisch-bildkräftige Suite Scheherazade.
Lange wurde das Schlagzeug in der europäischen Kunstmusik eher stiefmütterlich behandelt. Denn obwohl Pauken, Trommeln und Becken an markanten Höhepunkten im Orchester immer mal wieder auftrumpfen durften, fristeten sie sonst ein Schattendasein – oft als bloße Taktgeber. Dies zu ändern, war erklärtes Ziel des Multiperkussionisten Martin Grubinger, dessen Palette von eruptiven Klangkaskaden bis zu zart verklingenden Glockentönen reicht. Vor allem ihm ist es zu verdanken, dass immer mehr Konzertbesucher perkussive Klangwelten für sich entdecken, in denen der athletische Einsatz des Spielers, die physische Präsenz und Wucht der Klänge sowie der Farbenreichtum des Instrumentariums sich zu einer faszinierenden, körperlich-sinnlichen Musik verbinden. Nicht umsonst ist die Aura der Extremsportart ein unverzichtbares Element der Trommelkunst.
Im Rahmen seines Debüts bei den Berliner Philharmonikern widmet sich Martin Grubinger dem Konzert für Schlagzeug und Orchester Speaking Drums, das Peter Eötvös für ihn komponiert hat. Der Werktitel ist Programm, denn der Solist hat hier nicht nur zu trommeln, sondern auch zu sprechen und zu rufen. »Ich habe das bei indischen Trommlern gesehen und gehört«, erklärte Eötvös 2016 in einem Interview. »Sie trommeln das, was sie sagen. Das heißt, sie sprechen einen bestimmten Text und in demselben Tempo, in demselben Rhythmus spielen sie Schlagzeug dazu. Dadurch wird es sehr farbig, aber auch sehr sprechend, als würden sie eine Geschichte mit dem Instrument erzählen. Diese Haltung habe ich für mein Stück übernommen.« Die Texte stammen von Sándor Weöres, der viele Nonsens-Gedichte geschrieben hat, die nur eine rhythmische Funktion erfüllen, sowie von Jayadeva, einem indischen Dichter aus dem 12. Jahrhundert. »Alle Texte«, so Eötvös, »haben eindrückliche Rhythmen. Diese auf Schlaginstrumente und aufs Orchester zu übersetzen, ist ein Genuss.«
Eingeleitet wird der von Zubin Mehta dirigierte Abend mit Edgard Varèses Intégrales, das neben virtuosestem Klangraffinement auch mitreißende Rhythmik bietet, da die Stimmen der vier Holz- und sechs Blechblasinstrumente in reizvollem Kontrast zu den von vier Schlagzeugern gespielten 17 in der Partitur geforderten Perkussionsinstrumenten stehen. Raffinierte Orchesterklänge bietet schließlich Nikolaj Rimsky-Korsakows Symphonische Suite Scheherazade, in der verschiedene Episoden und Bilder aus Tausendundeiner Nacht in Musik gefasst werden: »Das Meer und Sindbads Schiff, die fantastische Erzählung des Prinzen Kalender, Prinz und Prinzessin, Festtage in Bagdad und das Schiff, das am Felsen mit dem ehernen Reiter zerschellt« (Rimsky-Korsakow).
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