Tugan Sokhiev dirigiert Mahlers Erste
Gustav Mahlers Symphonie Nr. 1 enthält bereits alles, was den Stil des Komponisten ausmacht: emotionale Ausbrüche, sich jäh auftuende Abgründe, volkstümliche Melodien, Naturlaute, groteske Verfremdungen. Tugan Sokhiev stellt dieses Werk neben Lili Boulangers impressionistisch-flirrendes D’un matin de printemps und das neu komponierte Violakonzert des Mahler-Verehrers Donghoon Shin. Den Solopart spielt Amihai Grosz, Erster Solobratscher der Philharmoniker.
Lili Boulanger war eine der ganz großen kompositorischen Begabungen im Frankreich des beginnenden 20. Jahrhunderts: Mit 19 gewann sie als erste Frau überhaupt den begehrten Prix de Rome des Pariser Konservatoriums, bevor sie nur wenige Jahre später starb. Mit ihrem Orchesterstück D’un matin de printemps (An einem Frühlingsmorgen) verlieh die jüngere Schwester Nadia Boulangers, der bedeutendsten Musikpädagogin aller Zeiten, der Freude am Wiedererwachen der Natur Ausdruck – in leuchtenden Farben, fesselnden Rhythmen und mit einer raffiniert-impressionistischen Klangpalette.
Nach diesem viel zu selten aufgeführten Werk steht eine Premiere des 1983 in Seoul geborenen Komponisten Donghoon Shin auf dem Programm. Der Titel des von Amihai Grosz interpretierten Bratschenkonzerts Threadsuns verweist auf ein Gedicht Paul Celans. Shin wurde 2022 mit dem Claudio-Abbado-Kompositionspreis ausgezeichnet und schrieb im Auftrag der Stiftung Berliner Philharmoniker bereits das Cellokonzert Nachtergebung.
Hauptwerk des Abends ist Gustav Mahlers Erste Symphonie, deren Beginn der Komponist mit dem »Erwachen der Natur am frühesten Morgen« beschrieb. Tatsächlich bietet die Musik eine atmosphärische Klanglandschaft samt Sonnenaufgang und Vogelkonzert, wobei Mahler für diesen hochpoetischen Einstieg im Manuskript die Überschrift »Frühling und kein Ende!« wählte. Dem rustikalen Scherzo folgt der »mit Parodie« zu spielende dritte Satz in einer von Mahler geforderten »bald ironisch lustigen, bald unheimlich brütenden Stimmung«. Im Finale steigert sich die Symphonie schließlich zur großen Choralapotheose.
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