Von Brasilien bis China: Klassische Werke inspiriert von anderen Klangwelten
Diese Playlist zeigt, wie faszinierend es klingt, wenn Mozart im türkischen, Ravel im spanischen, Brahms im ungarischen Stil oder Heitor Villa-Lobos à la Bach komponierte. Wie im Fall von Puccinis Opern-Vision von China basieren diese musikalischen Anverwandlungen nicht immer auf einer Vertrautheit mit der beschworenen »anderen« Kultur. Doch sie zeigen, welchen Reichtum an Klängen und atmosphärischen Facetten der Blick über den eigenen musikalischen Tellerrand ermöglicht.
Die Faszination durch das Fremde und Unbekannte kann im kreativen Prozess eine genauso starke Quelle der Inspiration sein wie die Beschäftigung mit einheimischen Traditionen. Als musikalische Hauptstadt des sogenannten »Exotismus« galt lange Zeit Paris, wo bereits seit Napoleons Ägypten-Feldzug ein starkes Interesse an der Welt des Nahen Ostens bestand und die legendären Weltausstellungen dem Publikum Musik ferner Länder nahe brachte. Der Zugewinn an Ausdrucksmöglichkeiten erwies sich dabei oft als entscheidender als die Frage, ob die übermittelten Informationen tatsächlich aus erster Hand stammten. So war zum Beispiel Debussys und Ravels Interesse am »Orient« stark über die russische Musik und Rimsky-Korsakows 1001-Nacht-Fantasie Scheherazade vermittelt.
Auch die »chinesischen« Stücke von Fritz Kreisler und Giacomo Puccini erzählen mehr über die Fantasien der beiden Komponisten als über das reale Musizieren im fernöstlichen Reich. In beiden Fällen vollzog sich der kulturelle Transfer auf großen Umwegen: Während Kreislers Kenntnis sich auf den Besuch eines chinesischen Theaters in Amerika beschränkte, basiert Puccinis Turandot auf dem Theaterstück eines Italieners, der den Stoff einer persischen Überlieferung entnommen hatte.
Die beiden vom philharmonischen Chefdirigenten Kirill Petrenko interpretierten Werke dieser Playlist verhalten sich als Dialog zwischen Europa und Südamerika spiegelbildlich zueinander: Bernd Alois Zimmermann ließ sich in seiner frühen Ballettmusik Alagoana von Rhythmen aus dem Amazonasgebiet beflügeln. Heitor Villa-Lobos wiederum verschmolz in seinen Bachianas brasileiras die musikalischen Traditionen seines Heimatlands mit Kompositionstechniken von Johann Sebastian Bach.
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