Semyon Bychkov dirigiert »Eine Alpensinfonie« von Richard Strauss
Der vielleicht kolossalste Höhepunkt der Orchesterliteratur ist zu erleben, wenn in Richard Strauss’ Alpensinfonie der Berggipfel erreicht wird. Überwältigende Natureindrücke und instrumentale Virtuosität prägen auch die übrigen Szenen des Werks, das Semyon Bychkov hier mit den Berliner Philharmonikern zu Gehör brachte. Darüber hinaus gibt der Komponist Detlev Glanert mit Theatrum bestiarum sein philharmonisches Debüt.
Seit vielen Jahren gehört der russische Dirigent Semyon Bychkov zu den engen künstlerischen Partnern des Orchesters, und schon Herbert von Karajan hielt ihn für eine der größten Begabungen der auf ihn selbst folgenden Generation. Mit Richard Strauss’ Alpensinfonie erklang denn auch in diesem Konzert eine Lieblingskomposition Karajans, der 1982 – an der Spitze der Berliner Philharmoniker – mit einer legendären Einspielung des Werks die erste kommerzielle Veröffentlichung einer CD vorlegte. Die Stückwahl für das neue digitale Medium verwundert nicht, verlangen doch instrumentale Virtuosität und Klangfarbenreichtum in Strauss’ letzter Symphonischen Dichtung jedem Orchester das Äußerste ab. Die von Friedrich Nietzsche inspirierte Komposition schildert einen Tag in den Bergen, in dem sich ein einsam wanderndes Individuum überwältigenden Natureindrücken ausgesetzt sieht – bis sich auf dem Gipfel der vielleicht kolossalste Höhepunkt der Orchesterliteratur ereignet.
Der römische Kaiser Caligula, dessen Regentschaft die Jahre von 37 bis 41 unserer Zeitrechnung umfasste, erschien bereits den antiken Historikern als Inbegriff eines hemmungslosen Gewaltherrschers. Im 20. Jahrhundert haben Schriftsteller und Filmemacher im brutalen Kaiser, der schließlich selbst einem Mord zum Opfer fiel, einen Vorboten zeitgenössischer Diktatoren wie Stalin und Hitler erkannt. Der junge Albert Camus schrieb in den 1930er-Jahren ein nach wie vor regelmäßig inszeniertes Caligula-Schauspiel, das der Komponist Detlev Glanert und sein Librettist Hans-Ulrich Treichel ihrer gleichnamigen, 2006 in Frankfurt uraufgeführten Oper zugrunde legten. Wie in anderen Fällen verwendete Glanert auch hier Material aus dem Musikdrama für ein Orchesterwerk. Die suggestive Komposition mit dem Titel Theatrum bestiarum ist von gewaltigen Klangballungen, wuchtigen Orgelakkorden, aber auch von Momenten bedrohlicher Stille, verzerrten Tanzfolgen und tonalen Anklängen geprägt. Als erstes Werk Glanerts überhaupt führten die Berliner Philharmoniker das Stück in diesem Konzert auf.
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