Simon Rattle dirigiert »Tosca«
Mit Standing Ovations feierte das Publikum der Philharmonie 2017 Simon Rattles Interpretation von Puccinis Opernkrimi Tosca. Vor allem die Klangpracht und vibrierende Spannung der konzertanten Aufführung wurde gelobt. Zur Titelheldin hieß es in der Berliner Zeitung: »Überragend auch die lettische Sopranistin Kristīne Opolais, die mit faszinierender Leichtigkeit das Orchester überfliegt und zugleich ihrer Tosca die nötige dramatische Schwere gibt.«
Floria Tosca ist eine begnadete Sängerin und eine leidenschaftlich-liebende Frau, beruflich wie privat vom Glück verwöhnt. Doch dann schlägt das Schicksal zu: Um ihren Geliebten, den Maler Mario Cavaradossi, aus den Fängen des skrupellosen Polizeichefs Scarpia zu befreien, wird sie zur Verräterin, Mörderin und zum Opfer einer teuflischen Intrige. Innerhalb eines Tages verliert sie alles: ihre Liebe und ihr Leben. Victorien Sardous Erfolgsstück La Tosca, das in Rom zu Zeiten der napoleonischen Kriege spielt, enthält sämtliche Ingredienzen, um die musikalischen Fantasien eines Opernkomponisten wie Giacomo Puccini zu entzünden: »Ich sehe in dieser Tosca meine Oper: ausgeglichene Proportionen, kein theatralisch dekoratives Übermaß, nicht das übliche musikalische Übergewicht«, schrieb er 1889 an den Verleger Ricordi und bat, für ihn die Rechte zur Vertonung zu erwerben.
Puccini, der sich gerade intensiv mit der Musiksprache Richard Wagners beschäftigte, war zum damaligen Zeitpunkt noch ein junger, unbekannter Komponist, und es sollten noch elf Jahre vergehen, ehe Tosca in Rom ihre Uraufführung erlebte. Das Stück gehört zusammen mit den beiden vorausgegangen Opern Manon Lescaut und La Bohème sowie der noch folgenden Madama Butterfly zu den Bühnenwerken, die Puccinis Weltruhm als Opernkomponist ausmachen. An Tosca beeindruckt die dramatische Dichte des emotionalen Geschehens. In einem atemberaubenden Tempo wechseln Momente voller Liebe und Innigkeit mit denen von Eifersucht, Hass und sadistischer Brutalität ab. Diese Bandbreite der Gefühle zeichnet Puccini in seiner psychologisierenden, veristischen Musiksprache nach, und gleichzeitig schuf er mit den beiden berühmten Arien der Tosca und des Cavaradossi, »Vissi d’arte« und »E lucevan le stelle«, zwei Gesangsnummern, in denen die Interpreten ihre sängerische Darstellungskunst zeigen können.
Kristīne Opolais, die als Tosca ihr Debüt bei den Berliner Philharmonikern gibt, gilt derzeit als eine der überzeugendsten Puccini-Sängerinnen. »Das ist mein Lieblingskomponist«, gestand sie in einem Interview. »Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und Puccini ist ein so emotionaler Komponist.« Als Cavaradossi steht ihr Stefano La Colla zur Seite, einer der führenden Tenöre des italienischen Fachs. Beide ernteten in den Partien bereits viel Beifall. Vervollständigt wird das Protagonistentrio durch Evgeny Nikitin, der in der Rolle des Schurken Scarpia zu erleben ist. Auch die Berliner Philharmoniker feierten mit Puccinis Meisterwerk große Erfolge. Man denke nur an die triumphalen Aufführungen unter Herbert von Karajan 1982, 1988 und 1989 in Berlin und bei den Salzburger Osterfestspielen sowie an die legendäre Gesamteinspielung mit Katia Ricciarelli und José Carreras.
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