Simon Rattle dirigiert Haydns »Oxford-Symphonie« und Brahms’ Erste
In diesem Konzert dirigiert Simon Rattle symphonische Werke, die gewissermaßen die Ära Beethoven umkreisen: Von Joseph Haydn, einem Lehrer Beethovens, ist die Oxford-Symphonie zu hören, von Johannes Brahms die Erste Symphonie. Deren 14-jährige Entstehung zeugt eindrucksvoll von der Auseinandersetzung mit dem übermächtigen Vorbild Beethoven – das musikalische Endergebnis indessen ist von Entschiedenheit und Selbstbewusstsein geprägt.
Dass Komponisten nach Beethoven das Schreiben von Symphonien zunehmend schwerfiel, lässt sich schon in rein quantitativer Hinsicht feststellen. Keiner ist auch nur in die Nähe der 104 Gattungsbeiträge Haydns gekommen, und auch die von Beethoven vorgegebene, etwa von Gustav Mahler abergläubisch in Augenschein genommene Zahl neun sollten nur ganz wenige Komponisten wie Dmitri Schostakowitsch überbieten.
Besondere Skrupel plagten bekanntlich Johannes Brahms, der seine Erste Symphonie erst nach einem 14-jährigen Entstehungsprozess der Öffentlichkeit präsentierte. Auch das zwischenzeitlich als Symphonie geplante Erste Klavierkonzert sowie die beiden Orchesterserenaden gelten als Stationen auf dem Weg zur instrumentalen Königsgattung. Dass der Komponist im Finale seines schließlich 1876 uraufgeführten Werks in c-Moll unüberhörbar ein Thema aus Beethovens Neunter Symphonie aufgreift, ist als Zeichen des Selbstbewusstseins zu deuten: Brahms hatte das Erbe des großen Vorgängers angenommen und musste die Gefahr des Epigonentums nicht mehr fürchten.
In diesem Konzert schickten die Berliner Philharmoniker und Sir Simon Rattle Brahms’ symphonischem Debüt die 92. Symphonie von Joseph Haydn voraus, die ihren Beinamen Oxford einer mutmaßlichen Aufführung in der englischen Universitätsstadt verdankt. Sir Simon hat sich einmal als einen »Haydn-Verrückten« bezeichnet und ergänzt, diese Musik könne tatsächlich nur mit Liebe und Respekt vor dem Komponisten erfolgreich aufgeführt werden. Als weitere Anforderungen an den Haydn-Interpreten nennt Sir Simon: »Ideenreichtum, Neugier, Bereitschaft zum Improvisieren. Und man muss freundlich sein! Die Musik muss ihren Ausgangspunkt in der Menschlichkeit haben.«
Hinweis: Ein weiterer Programmpunkt dieses Konzerts war die Aufführung eines Klavierkonzerts von Wolfgang Amadeus Mozart, die aus vertraglichen Gründen in der Digital Concert Hall nicht gezeigt werden kann.
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