Europakonzert 1995 aus Florenz mit Zubin Mehta und Sarah Chang
Der Maggio Musicale in Florenz zählt zu den berühmtesten Musikfestivals der Welt. 1995 gastierten die Berliner Philharmoniker hier im Rahmen ihres Europakonzerts. Festivalleiter Zubin Mehta dirigierte im Palazzo Vecchio ein farbenreiches Programm, unter anderem mit dem zwischen Modernität und Nostalgie changierenden Ballett Petruschka von Igor Strawinsky. Stargast im hochvirtuosen ersten Satz aus Paganinis Violinkonzert Nr. 1 war die 14-jährige Sarah Chang.
Zum Auftakt erklang im prachtvollen Ambiente der Sala dei Cinquecento im Palazzo Vecchio Ludwig van Beethovens majestätische Fidelio-Ouvertüre, bevor man sich mit den Orchestervariationen von Boris Blacher über Paganinis Solocaprice Nr. 24 auch musikalisch gen Süden orientierte. Nach Aussage des Komponisten sind es »nicht Variationen im klassischen Sinne, sondern 16 Arten, das Thema zu betrachten«. Wie Paganini im Original klingen kann, zeigte danach die amerikanische Geigerin Sarah Chang mit dem ersten Satz aus dessen Violinkonzert Nr. 1 – die technische Herausforderungen des Werks meisterte die damals 14-Jährige scheinbar mühelos. Mit demselben Stück und ebenfalls unter Mehtas Leitung hatte sie im Januar 1994 auch in der Philharmonie Berlin debütiert und die Presse im Handumdrehen erobert: »Hier handelt es sich nicht um ein concertare, ein Wetteifern oder Miteinander-Kämpfen, sondern hier spielt ein einzelner Mensch den Zuhörern vor, was er ihnen mitzuteilen hat, und ein Ensemble hilft dabei, tragend, stützend, akzentuierend, die Affekte vorbereitend, die Empfindungen verstärkend, den Erfolg bestätigend« (Die Zeit).
Zum Schluss erklangen dann die scharfen Rhythmen von Strawinskys Petruschka, entstanden 1911 für die berühmten Ballets Russes von Sergej Diaghilew, ein Ballett über den »ewig unglücklichen Helden der Jahrmärkte in aller Welt«, der auch diesmal vergeblich um die Gunst der schönen Ballerina buhlt. »Bei dieser Arbeit hatte ich die Vorstellung einer Gliederpuppe, die plötzlich Leben gewinnt und durch das teuflische Arpeggio ihrer Sprünge die Geduld des Orchesters so erschöpft, dass es sie mit Fanfaren bedroht«, erläuterte Strawinsky. In Florenz ging die Sache am Ende gut aus, und für den herzlichen Applaus des Publikums bedankten sich Mehta und die Philharmoniker mit Dvořáks Slawischem Tanz Nr. 8.
© 1995 EuroArts Music International
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