Robin Ticciatis Debüt mit Mahlers Vierter Symphonie
So »natürlich-fließend, ohne Manierismen, mit betörend schönen Pianissimi« höre man Mahlers Vierte Symphonie selten, schrieb die Berliner Morgenpost über ein Konzert mit Robin Ticciati. Das für Mahlers Verhältnisse ungewöhnlich sonnige Werk stand auch auf dem Programm, als der Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin bei den Philharmonikern debütierte. Zuvor erklangen tschechische Werke: Antonín Dvořáks Mittagshexe und Sinuous Voices von Ondřej Adámek.
Mit ganz unterschiedlicher Musik aus Böhmen beziehungsweise der heutigen Tschechischen Republik debütiert der Dirigent Robin Ticciati bei den Berliner Philharmonikern: Von Antonín Dvořák präsentiert er eine Symphonische Dichtung, dazu Gustav Mahlers Vierte Symphonie. Einen zeitgenössischen Kontrapunkt bietet Ondřej Adámeks Sinuous Voices.
Antonín Dvořáks späte Werke stehen in direktem Zusammenhang mit seinem Engagement für die kulturelle Unabhängigkeit seiner Heimatregion. Für vier seiner fünf Symphonischen Dichtungen griff er auf eine tschechische Balladensammlung zurück. Eine besonders schaurige Geschichte erzählt Die Mittagshexe: Eine Mutter droht ihrem Sohn, sie würde als Strafe für dessen ungezogenes Verhalten die gefürchtete Mittagshexe rufen. Diese erscheint tatsächlich – und der Vater muss bei seiner Heimkehr feststellen, dass das Kind gestorben ist. Die Komposition besticht durch ihre freie, erzählerische Form und den effektvollen Wechsel zwischen friedlichen und unheimlichen Passagen.
Gustav Mahler orientierte sich stark an der deutsch-österreichischen Kultur – Elemente seiner böhmischen Heimat bilden jedoch auch einen wichtigen Teil seiner Tonsprache. Geradezu klassisch wirkt seine Vierte Symphonie gegenüber ihren Vorgängerinnen: Das 1901 uraufgeführte Werk ist viersätzig, vergleichsweise schlank besetzt und von einem heiteren Grundton geprägt. Auf den zweiten Blick offenbart aber auch diese Symphonie ihre ausgeklügelte Faktur und eine Vieldeutigkeit im Ausdruck. Das Finale bildet Mahlers bereits zu Beginn der 1890er-Jahre geschriebenes Orchesterlied Vom himmlischen Leben. Die Solistin besingt hier in berührend naivem Tonfall die Freuden des Paradieses.
Ondřej Adámek, der für seine schier unerschöpfliche Klangfantasie gefeiert wird, repräsentiert in der Gegenwart die ungebrochene Vitalität der tschechischen Musiknation. In seinem Stück Sinuous Voices (Wellenförmige Stimmen) übersetzte er Wörter, die von einer Menschenmenge gesungen werden, in Orchestermusik. Die Instrumente sollen, so der Komponist, »flüstern, schreien und Worte artikulieren«.
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