Kirill Petrenko und Lisa Batiashvili
Innig und leidenschaftlich: Karol Szymanowskis Erstes Violinkonzert gilt als heimliche Liebeserklärung an den Geiger Paul Kochanski. Lisa Batiashvili, Artist in Residence 2023/24, versteht es, die Poesie dieses Stücks zu entfalten. Nicht heimlich, sondern ganz offen schildert Richard Strauss in seiner Symphonia domestica auf humorvolle Weise sein Familienleben – einschließlich Kindergeschrei, Ehekrach und Versöhnung. Dirigent ist Kirill Petrenko.
Für die dunklen Klangfarben in seiner – übrigens nicht programmatischen – Tragischen Ouvertüre besetzte Johannes Brahms Posaunen und Tuba. Das selten aufgeführte Werk offenbart Brahms’ Freude am Formexperiment, denn innerhalb der Einsätzigkeit vereint er die satztypischen Elemente einer ganzen Symphonie: den Schwung eines Kopfsatzes, den Trauermarsch-Charakter eines zweiten Satzes, das Scherzando eines dritten und den wiederaufgenommenen Schwung eines Finales.
Einsätzigkeit, thematische Ökonomie und ein freier Formverlauf kennzeichnen auch Karol Szymanowskis 1922 uraufgeführtes Violinkonzert. Das Werk ist vom französischen Impressionismus, der Musik Béla Bartóks und Eindrücken von Szymanowskis Aufenthalt in Südeuropa beeinflusst und von einer einzigartig sinnlichen und gelegentlich nahezu trancehaften Atmosphäre geprägt. Das Soloinstrument schwebt zumeist in hoher Lage über dem raffiniert gestalteten Orchesterklang. Der Komponist ließ sich vom Widmungsträger Paul Kochanski beraten, von dem auch die Solo-Kadenz stammt. Für Lisa Batiashvili markiert das Konzert »die Zeitenwende zwischen Romantik und Moderne«.
Einen weiteren bedeutenden Vertreter der Symphonischen Dichter stellt Kirill Petrenko ans Ende dieses Programms: Richard Strauss. Dessen 1904 in New York uraufgeführte Sinfonia domestica bildet – vor der erst zehn Jahre später veröffentlichten Alpensinfonie – den vorläufigen Abschluss der Gruppe seiner Tondichtungen. Zuvor hatte sich der Komponist unter anderem vom »Übermenschen« aus Nietzsches Also sprach Zarathustra inspirieren lassen. Nun folgte mit dem Blick auf das eigene Ehe- und Familienleben – in Nietzsches Begrifflichkeiten – sozusagen das »Allzu-Menschliche«. Die Partitur zeichnet sich durch üppige Orchestrierung, zarte Lyrik, Bildhaftigkeit und Humor aus.
Strauss hat das lange verkannte Werk als Dirigent mehrfach mit den Berliner Philharmonikern aufgeführt; so auch 1939, als er im Jahr seines 75. Geburtstags zum letzten Mal mit dem Orchester auftrat.
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