Unbekannter Bruckner mit Christian Thielemann
Anton Bruckner auf dem Weg zu sich selbst: Dieses Konzert präsentiert zwei kaum bekannte Symphonien des Komponisten, die auch nicht in die offizielle Zählung eingingen. Die Symphonie in f-Moll ist Bruckners erster Versuch in diesem Genre. Wenngleich der Komponist das Werk als »Schularbeit« bezeichnete, begeistert es durch Schwung und romantische Wärme. Im Falle der sogenannten »Nullten« fasziniert, wie sich Bruckners unverkennbarer Personalstil ausformt. Dass mit Christian Thielemann ein erfahrener Bruckner-Interpret am Pult steht, macht diese Entdeckungsreise besonders lohnend.
Anton Bruckner zählt zu den herausragenden Komponisten der neueren Musikgeschichte. Seine Symphonien, die bereits von Zeitgenossen mit mächtigen Kathedralen verglichen wurden, sind Monolithe mit gigantischen Steigerungswellen, die doch schwerelos in himmlische Höhen streben.
Bruckners Erfahrungen als Organist bestimmten die Architektur und Klangfarben seiner Werke, in denen er in beeindruckender Konstanz am einmal entwickelten Personalstil festhielt. Den Weg dorthin dokumentieren zwei nicht in die offizielle Zählung eingegangene Arbeiten, die Christian Thielemann in diesen Konzerten präsentiert: Die Symphonie f-Moll von 1863, mit der Bruckner nach jahrelanger akribischer Lehrzeit endlich auch auf symphonischem Gebiet »bestehen« wollte, sowie die d-Moll-Symphonie von 1869. Letztere entstand zu einer Zeit, in der Bruckner noch ganz im Bann seiner dramatischen f-Moll-Messe stand – die sogar mehrfach anklingt.
Nachdem der Hofkapellmeister Otto Dessoff bei einem privaten Vorspiel die provokante Frage »Ja, wo ist denn das Thema?« stellte, erklärte der von Selbstzweifeln geplagte Bruckner das Ganze allerdings für »ungiltig«. Sorgfältig aufbewahrt hat er die Partitur dennoch – zum Glück! Denn mit ihrer ausgeprägt religiösen Färbung handelt es sich auch bei diesem fesselnden Stück um eine typische Bruckner-Symphonie, in der kraftvolle Höhepunkte auf Momente in sich gekehrter Verklärung treffen. Gerade hier fand der Komponist zu einem tragfähigen Modell, das er in seinen späteren Symphonien weiterentwickeln konnte.
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