Claudio Abbado dirigiert Mahlers Siebte Symphonie
Claudio Abbado hatte keinerlei Starallüren und stand für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Seine Worte bei seinem Amtsantritt als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker sind legendär: »Ich bin Claudio – für alle«. Die Symphonien Gustav Mahlers spielten für ihn von Beginn an eine zentrale Rolle. Abbados besonderes Gespür für diese Musik zeigte sich nicht zuletzt in seinem Umgang mit der weniger populären Siebten, mit der er hier begeisterte.
Als »Insel der Träume« bezeichnete der Mahlerianer Richard Specht die beiden Nachtmusiken der Siebten Symphonie. Laut Alma Mahler habe ihr Mann beim Komponieren an »Eichendorffsche Visionen« und »plätschernde Brunnen« gedacht. Von plakativer Postkarten-Romantik ist die Musik mit ihren irrlichternden Motiv-Fetzen, rufenden und »falsch« antwortenden Hörnern und unheimlichen Vogelkonzerten allerdings weit entfernt. Das wird gerade in Claudio Abbados Lesart deutlich: Er sorgt in jeder Sekunde für Hochspannung – auch in den Momenten des Innehaltens. In Mahlers Worten hört man bisweilen ein »aus weitester Ferne erklingendes, verhallendes Erdengeräusch«, als ob man »auf höchstem Gipfel im Angesicht der Ewigkeit stehe«.
Die beiden Nachtmusiken komponierte Mahler als erstes – wie üblich während der Theaterferien, die der erfolgreiche Direktor der Wiener Hofoper am Wörthersee verbrachte. Den Rest ergänzte er im folgenden Sommer nach einer Bootsfahrt: »Beim ersten Ruderschlag fiel mir das Thema (oder mehr der Rhythmus und die Art) der Einleitung zum 1. Satz ein – und in 4 Wochen war 1., 3. und 5. Satz fix und fertig!« Dabei lässt die nächtliche Musik des Kopfsatzes mit ihren stockenden Rhythmen kaum an ein Sommeridyll am See denken – zu abschattiert sind hier die Orchesterfarben. Erst im Finale dringt die Musik in hellere Sphären vor. In der Überlieferung des Dirigenten Willem Mengelberg gestaltete Mahler diesen Satz bewusst als Kontrast: »Die ersten 4 Sätze sind Nachtbilder – den 5. nannte Mahler selbst: Der Tag«.
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