Russische Musik mit den Berliner Philharmonikern

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts blühte das russische Musikleben eindrucksvoll auf – wie diese Playlist zeigt. Zu enormer Produktivität trug dabei interessanterweise auch der Konflikt zwischen dem eher westlich orientierten Peter Tschaikowsky und der russophilen Gruppe um Modest Mussorgsky bei. Ein breites Spektrum der Stilrichtungen entstand schließlich im 20. Jahrhundert; es reicht vom spätromantischen Tonfall Sergej Rachmaninows bis zum Neoklassizismus Igor Strawinskys. Natürlich dürfen in dieser Zusammenstellung auch Sergej Prokofjew und Dmitri Schostakowitsch nicht fehlen: Der totgesagten Gattung der Symphonie verhalfen sie zu neuem Leben.

Als Peter Tschaikowsky als einer der ersten Studenten dem frisch gegründeten Musikkonservatorium in St. Petersburg beitrat, wurde er von deutschen und italienischen Lehrern unterrichtet. Von einer eigenständigen russischen Ausprägung der klassischen Musik konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesprochen werden. Die historische Verspätung sollte sich als Vorteil erweisen: Komponisten wie Tschaikowsky verknüpften die reiche Tradition der einheimischen Volks- und Kirchenmusik mit den Errungenschaften der mitteleuropäischen Klangsprache. Die Fünfer-Gruppe um Modest Mussorgsky und Nikolaj Rimsky-Korsakow entwickelte indessen ein gegen die akademische Ausrichtung gewendetes russisches Idiom. Und während die deutsch-österreichische Tradition der Symphonie mit Gustav Mahler endete, erlebte die Gattung durch russische Komponisten im 20. Jahrhundert eine neue Blütezeit. Diese Playlist vermittelt einen Eindruck vom Reichtum der russischen Musik von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die 1950er-Jahre. Dabei reicht das Spektrum von der Konkretheit Tschaikowskys über die schroffe Expressivität Mussorgskys und die instrumentale Farbenpracht Rimsky-Korsakows bis zur Modernität Alexander Skrjabins. Zu erleben ist zudem der spätromantische Tonfall Rachmaninows und die Bildgewalt der Musik Prokofjews sowie die strenge Konstruktivität in Strawinskys Psalmensymphonie.

Kirill Petrenko ist der erste russische Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Die Musik von Komponisten wieRachmaninow, Tschaikowsky, Skrjabin und Strawinsky liegt ihm besonders am Herzen – als deren Interpret ist er in dieser Auswahl zu erleben. Strawinsky war ein zentraler Komponist auch in der Amtszeit von Sir Simon Rattle. Wiederholt setzte sich Kirill Petrenkos Vorgänger außerdem mit der Musik Dmitri Schostakowitschs auseinander. So dirigierte er im Eröffnungskonzert 2015/16 die erschütternde Vierte Symphonie, die in jenen Jahren entstand, als die sowjetische Kulturbürokratie den Komponisten mit Anfeindungen unter Druck setzte. Die in den Monaten nach Stalins Tod entstandene Zehnte Symphonie darf in dieser Auswahl ebenfalls nicht fehlen. Sie war das einzige Werk Schostakowitschs, das Herbert von Karajan regelmäßig – unter anderem auch im Rahmen einer Russland-Tournee in Anwesenheit des Komponisten – dirigierte. Zu hören ist hier eine Aufzeichnung mit Mariss Jansons, der zu den großen Schostakowitsch-Interpreten des 20. Jahrhunderts gehört.

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