Gespräch, Meisterkurs und Konzert: Karajan dirigiert Beethovens Symphonie Nr. 5
Mit diesem Film liefert Regisseur Henri-Georges Clouzot einen faszinierenden Einblick in die Arbeitsmethoden Herbert von Karajans. Wir erleben den Dirigenten nicht nur in einer Aufführung von Beethovens Fünfter Symphonie, sondern auch in einem Meisterkurs, in dem er sein gewaltiges Wissen über Probentechnik und musikalische Interpretation weitergibt. Und auch dem Geheimnis des legendären »Karajan-Klangs« kommen wir dabei auf die Spur.
Mitte der 1960er-Jahre drehte Herbert von Karajan zusammen mit dem renommierten französischen Regisseur Henri-Georges Clouzot eine Reihe innovativer Musikdokumentationen mit dem Titel Die Kunst des Dirigierens. Karajan wollte immer genau Bescheid wissen über die Hintergründe und inneren Zusammenhänge einer Sache, und er meinte, seinen Zeitgenossen müsse es genauso gehen. Darüber hinaus war er der Meinung, dass viel zu wenig bekannt sei über seinen eigenen Beruf und den des Orchestermusikers, und mit der Kunst des Dirigierens wollte er diesem Mangel abhelfen.
Um dieses Ziel zu erreichen, griff Karajan zu unterschiedlichen Mitteln. In seinem Schumann-Programm kombinierte er Probenausschnitte mit einem Konzert; als es um Dvořák ging, gab es statt der Probe ein Gespräch mit dem Musikjournalisten Joachim Kaiser. Für den vorliegenden Beethoven-Film überlegte Karajan sich wieder etwas anderes und zeigte, wie er mit einem Dirigierschüler den langsamen Satz der Fünften Symphonie probte. Seinen Studenten sagte Karajan immer: »Ich kann Ihnen nicht zeigen, wie man dirigiert, aber ich kann Ihnen zeigen, wie Sie proben sollten, damit Sie im Konzert nicht mehr dirigieren müssen.«
Karajan war überzeugt, dass Worte eine Vorstellung erzeugen können, mit deren Hilfe man zum Kern der Musik vordringen kann. Er glaubte auch, dass man sich als Musiker immer erst den Klang vorstellen muss, den man erzeugen möchte; sobald man diese Klangvorstellung entwickelt hat, folgen die Finger wie von selbst. Dabei setzte Karajan natürlich voraus – was er zwar nicht sagt, auch wenn seine Anmerkungen in den vorliegenden Probensequenzen es verraten –, dass man als Nachwuchsdirigent in einem Werk, das man präsentieren möchte, jedes noch so kleine Detail kennen muss.
Die Berliner Philharmoniker sind seit jeher berühmt für ihre mitreißenden Interpretationen. In diesem Film von 1966 unterstreicht Clouzots Kameraführung den Eindruck musikalischer Geschlossenheit im Spiel der Berliner, die Karajan in seiner elektrisierenden Interpretation dieser berühmtesten aller Symphonien folgen.
© 1966 Unitel