Ligetis »Le Grand Macabre« mit Simon Rattle und Peter Sellars
György Ligeti hatte Humor. Bester Beweis dafür ist seine aberwitzige Oper Le Grand Macabre, die Sir Simon Rattle 2017 mit einem illustren Sängerensemble aufführte. Das Werk ist eine groteske Parabel auf den Krieg, angereichert mit Elementen aus absurdem Theater, mittelalterlichem Totentanz und wildem Jahrmarktsspektakel. Wie schon bei früheren musikdramatischen Projekten der Berliner Philharmoniker konnte als Regisseur Peter Sellars gewonnen werden.
»Den Tod«, so Michel de Ghelderode, auf dessen Schauspiel Ligetis Le Grand Macabre basiert, »habe ich hier auf den Kopf gestellt. Ich habe aus ihm eine komische Type gemacht. Das war meine Rache, und das war auch die Rache, die das Leben an ihm nahm.« Ligeti, der die Gräuel des Krieges selbst erleben musste und mehrmals nur knapp dem Tod entging (»Ich habe durch Zufälle überlebt.«), sagte in Hinblick auf die treibenden Kräfte seiner Oper: »Es ist die Angst vor dem Tod, die Apotheose der Angst und das überwinden der Angst durch die Komik, durch Humor, durch Groteske.«
Das Stück spielt im fiktiven Breughelland, einer totalitär regierten und völlig heruntergewirtschafteten Bananenrepublik, in der so illustre Figuren wie der Torten-liebende Fürst Go-Go, Mescalina, die Riesenspinnen haltende Ehefrau des Hofastrologen Astradamors, Gepopo, der Chef der »Geheimen Politischen Polizei« und Nekrotzar, der »Große Makabre« und eine mehr als zwielichtige Figur, ihr Unwesen treiben. Nachdem Nekrotzar den Weltuntergang durch einen mit der Erde kollidierenden Kometen verkündet hat, geraten alle in Panik: Während das Volk um Gnade fleht, betrinken sich Go-Go, Nekrotzar und der restliche Hofstab bis zur Besinnungslosigkeit, sodass sie in ihrem Rausch das Ende der Welt verpassen. Am nächsten Morgen sind alle quicklebendig (wenn auch stark verkatert) – alle, bis auf den »Großen Makabren«, der von sich behauptet hatte, der leibhaftige Tod zu sein.
»Falls er der Tod war«, so Ligeti, »ist jetzt der Tod tot, also das ewige Leben angebrochen und die Erde gleichsam das Himmelreich: Das Jüngste Gericht hat stattgefunden. Wenn er aber nur ein anmaßender Scharlatan, ein dunkler, falscher Messias war und seine Sendung nichts als leere Phrase, so geht das Leben weiter wie gewöhnlich: Eines Tages stirbt jeder, doch nicht heute, nicht sofort.« Wie schon in der vergangenen Saison bei Pelléas et Mélisande, verwandelt Peter Sellars mit seiner Inszenierung von Le Grand Macabre die Philharmonie in ein Theater. Und man kann sicher sein, dass ihm gerade zu diesem Stoff überraschendes einfällt. Solisten sind u. a. der britische Bassbariton Christopher Purves als Nekrotzar und der Countertenor Anthony Roth Costanzo als Fürst Go-Go, dem die New York Post ein »skurriles komödiantisches Timing« bescheinigte.
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