Gustavo Dudamel dirigiert Wagner und Schumann in der Waldbühne
Für ein Konzert in der Berliner Waldbühne ist die Orchestermusik aus Wagners Ring des Nibelungen ideal. Gerade mit einem so dynamischen Dirigenten wie Gustavo Dudamel entfalten Stücke wie der Walkürenritt eine mitreißende Wucht, die noch die hintersten Plätze des gewaltigen Auditoriums erreicht. Wie Wagners Opernzyklus führt Robert Schumanns Dritte Symphonie an den Rhein, der den Komponisten zu einer vibrierend-klangvollen Musik inspirierte.
»Immer wenn ich Wagners Musik höre, denke ich an den Sonnenaufgang in Nietzsches Zarathustra: das Crescendo der Farben, die epische Naturschilderung, die Erleuchtung eines großen Geistes. Sie reißt dich mit wie großes Kino«, gesteht Gustavo Dudamel. Nicht zum ersten Mal ist er Gast dieses Ereignisses. Bereits 2008 stand der Venezolaner beim traditionellen Saisonabschluss der Berliner Philharmoniker am Pult und gab damit gleichzeitig seinen Einstand beim Orchester. Das Konzert mit spanischer und lateinamerikanischer Musik trug damals den Titel Los ritmos de la noche und begeisterte nicht nur das Publikum, sondern auch die Presse. Der Abend dürfte – so der Kritiker des Tagespiegels – als das »fetzigste« Pultdebüt in die Geschichte der Philharmoniker eingehen. 2014 folgte ein weiterer Auftritt auf der Open-Air-Bühne mit Werken von Tschaikowsky und Brahms.
Bei seinem dritten Waldbühnenkonzert setzt der Dirigent ganz auf deutsche Romantik, auf Werke zweier Komponisten, die zwar nahezu gleich alt waren und beide aus Sachsen stammten, die in ihrer Persönlichkeit und musikalischen Konzeption jedoch nicht konträrer sein könnten: Robert Schumann und Richard Wagner. Die beiden kannten und respektierten sich. »Wagner hat mir gut gefallen, nur redet er ununterbrochen«, soll Robert Schumann nach dem ersten Zusammentreffen bemerkt haben, während Wagner meinte: »Ein großartiger Mensch, dieser Schumann, nur schweigt er in einem fort.« Jeder war auf seine Weise progressiv. Robert Schumann schlägt in seiner fünfsätzigen Symphonie Nr. 3, die er 1850 nach dem Umzug an den Rhein in Düsseldorf komponierte, zwar augenscheinlich volkstümliche und optimistische Töne an, doch unter der heiteren Oberfläche brodelt es. Das verdeutlicht der vierte Satz mit seiner zeremoniellen, kontrapunktischen Strenge, die in dunkle seelische Abgründe blicken lässt.
Als Schumann seine Symphonie komponierte, standen Richard Wagners Pläne für die monumentale Tetralogie Der Ring des Nibelungen mit dem Vorspiel Rheingold und den drei abendfüllenden Musikdramen Walküre, Siegfried und Götterdämmerung, aus denen in diesem Konzert Orchesterstücke erklingen, noch ganz am Anfang. Vor der Folie einer mythischen Sagenwelt verhandelt der Komponist die Schattenseiten menschlichen Seins: Mord, Inzest und die schier unersättliche Gier nach Macht, denen als Gegenentwurf die reine Liebe gegenübersteht. Die Musik spiegelt, kommentiert und beleuchtet auf sehr klangsinnliche Weise die seelischen Empfindungen der Protagonisten. »Die Partitur ist so gut geschrieben«, schwärmt Dudamel, »so brillant konzipiert, die Instrumentation ist wunderbar, die Harmonien so voller Expression. Jede Note bedeutet etwas – manchmal auch Vieles auf einmal.«
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