Simon Rattle dirigiert Beethoven, Haydn und Widmann
Düsternis und Überschwang: diese emotionalen Pole finden sich sowohl in Haydns Symphonie Nr. 95 – eines der wenigen Orchesterwerke des Komponisten in einer Moll-Tonart – und Beethovens Siebter Symphonie mit ihrem berühmten Allegretto. Zwischen diese beiden Klassiker setzt Simon Rattle das von barocker Anmut durchzogene Konzert Flûte en suite von Jörg Widmann, dessen Solopart von Emmanuel Pahud interpretiert wird.
Joseph Haydns 1791 entstandene c-Moll-Symphonie Nr. 95 fällt in mehrfacher Hinsicht aus dem üblichen Rahmen der Londoner Symphonien: Als einzige steht sie in einer Molltonart, außerdem verzichtete Haydn auf die langsame Einleitung – vom ersten Tutti-Schlag an befindet sich der Hörer »in medias res«. Bemerkenswert ist auch das Final-Rondo, dessen lyrischem Tonfall man die Auseinandersetzung mit Mozarts späten Symphonien anhört.
Das aufschlussreiche Wechselspiel mit der Tradition wird auch im Schaffen Jörg Widmanns greifbar: »Das Neue an sich«, so der Komponist, »sehe ich nicht als eigenständige Qualität an.« In der Aufführung von Widmanns Konzert Flûte en suite für Flöte und Orchestergruppen wird der philharmonische Soloflötist Emmanuel Pahud zu hören sein, der das Stück, nach dessen Uraufführung 2011 in Cleveland, erstmals in Europa zum Klingen bringen wird. Nach Aussage des Komponisten handelt es sich bei dem Werk um eine »kleinteilige, suitenartige Anordnung verschiedener Tanzformen. Fast jeder der Einzelsätze stellt der Soloflöte nur eine spezifische Klangfarbe, eine Instrumentalgruppe aus dem Orchester gegenüber«.
Nach der Pause widmen sich die Berliner Philharmoniker und Sir Simon Rattle mit Ludwig van Beethovens Siebter Symphonie einem Werk, das mit seinen hymnischen Klängen und ekstatischen Rhythmen nach der Uraufführung 1813 von der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung als »die Krone neuerer Instrumentalmusik« gefeiert wurde. Das mitreißende Stück, das innerhalb kürzester Zeit zum Publikumsliebling avancierte, so der Rezensent weiter, sei »die melodienreichste, gefälligste und fasslichste unter allen beethovenschen Symphonien«. Mehr als ein Jahrhundert später bezeichnete sie Theodor W. Adorno sogar als »die Sinfonie par excellence«.
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