Daniel Barenboim dirigiert Strauss und Carter
»Wenn Haydn heute leben würde«, so Daniel Barenboim, »würde er vielleicht so komponieren wie Elliott Carter es in seinen letzten Jahren getan hat«. Wie zum Beleg seiner These dirigierte Barenboim hier zwei späte Konzerte Carters von fein ziselierter Schönheit, mit Flötist Emmanuel Pahud und Pianist Nicolas Hodges als Solisten. Im Kontrast dazu standen zwei klangsatte Tondichtungen von Richard Strauss: Don Juan und Till Eulenspiegel.
Es ist wohl einmalig in der Musikgeschichte, dass ein bedeutender Komponist seinen eigenen 100. Geburtstag bei guter Gesundheit und unverändert produktiv miterlebt. Dies widerfuhr im Jahr 2008 dem Amerikaner Elliott Carter, der noch in seinem zehnten und elften Lebensjahrzehnt zahlreiche inspirierte neue Werke komponierte. Zu den größten Fürsprechern des Künstlers gehörte über viele Jahre Daniel Barenboim, unter anderem Dirigent der Uraufführung von Carters einziger Oper What’s next. Einzigartig ist Carter laut Barenboim schon durch seine Fähigkeit, so unterschiedliche Vorbilder wie Schönberg und Strawinsky in seiner Musik zu vereinen. Ebenso bewundert er an ihm sein Bekenntnis zu einer kompromisslos substantiellen Musik. Dabei, so Barenboim »bleibt seine Musik, wie komplex sie auch sein mag, stets ›in good humor‹. Wenn Haydn heute leben würde, würde er vielleicht so komponieren wie Carter es in seinen letzten Jahren getan hat.«
In einem Konzert der Berliner Philharmoniker im Juni 2009 erklangen unter der Leitung Barenboims das Flötenkonzert sowie die Dialogues für Klavier und Orchester, die gegenüber manchen hochkomplizierten früheren Werken den zugänglicheren Spät- (oder Spätest-)stil des Komponisten repräsentieren. Die Uraufführungssolisten beider Konzerte sind auch in diesem Mitschnitt zu erleben. So hob Nicolas Hodges 2004 das Klavierkonzert aus der Taufe, und Emmanuel Pahud, Soloflötist der Berliner Philharmoniker, spielte das Flötenkonzert erstmals im September 2008 unter Barenboims Leitung in Jerusalem.
Den Kontrast zu diesen Stücken, die Carter nach Vollendung seines 90. Lebensjahres schuf, bildeten zwei Tondichtungen des jungen Richard Strauss. Don Juan und Till Eulenspiegels lustige Streiche setzen weniger auf Konzentration des Ausdrucks, sondern vermitteln jugendlichen Schwung, eine bewundernswerte Beherrschung der Instrumentationskunst und nicht zuletzt Freude an der Überwältigung des Publikums.
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