Simon Rattle und Daniel Barenboim mit Bartóks Klavierkonzert Nr. 1
1964 gab Daniel Barenboim in Bartóks Klavierkonzert Nr. 1 sein von Beifall umtostes Debüt bei den Berliner Philharmonikern. In dieser Aufzeichnung von 2018 widmet er sich – mit Simon Rattle als Dirigent – erneut diesem faszinierenden Stück, in dem sich das Klavier als unerbittliches Perkussionsinstrument präsentiert. Von drängender Energie sind auch die übrigen Werke des Abends: Janáčeks Sinfonietta mit ihren markanten Fanfaren und Dvořáks ausgelassene Slawische Tänze.
Mit Béla Bartóks Erstem Klavierkonzert fing sie an, die langjährige künstlerische Freundschaft zwischen Daniel Barenboim und den Berliner Philharmonikern. Wolfgang Stresemann, zu jener Zeit Intendant des Orchesters, hatte dem jungen Pianisten in Aussicht gestellt, bei einem philharmonischen Konzertprogramm unter der Leitung von Pierre Boulez im Juni 1964 mitwirken zu können: »Wenn Sie dort spielen wollen, müssen Sie erst das Erste Klavierkonzert von Béla Bartók lernen«, meinte er. Barenboim besorgte sich die Noten und verliebte sich sofort in das damals noch sehr selten gespielte Stück. Bartók orientiert sich in dieser Komposition zwar an der klassischen dreiteiligen Konzertform, doch die Funktion des Klaviers ist vollkommen anders als bisher: Er verwendet das Klavier in erster Linie als Perkussionsinstrument, das unerbittlich vorantreibend dem Werk einen energetischen, pulsierenden und gleichzeitig tänzerischen Charakter verleiht. Genau das gelang Barenboim in seinem Debüt zu vermitteln: »Er musizierte virtuos, intelligent und machte besonders im langsamen Satz Bartóks Sublimierung des Rhythmischen deutlich«, heißt es in einer Kritik. Als Dirigent hat Barenboim das Konzert bei den Philharmonikern in den vergangenen Jahren mehrfach aufgeführt, nun ist er erstmals seit 1964 auch wieder als dessen Solist zu erleben.
Was Béla Bartók mit den beiden anderen Komponisten dieses Programms, Antonín Dvořák und Leoš Janáček, verbindet: Ihnen diente die Volksmusik als wichtige Inspirationsquelle. Mit seinen mitreißenden Slawischen Tänzen op. 46 gelang Dvořák der internationale Durchbruch. Nur wenige Jahre später legte der tschechische Meister mit einer Fortsetzung nach. Im Unterschied zur ersten Serie überwiegen in der zweiten, Dvořáks Opus 72, Tanzformen aus den slawischen Nachbarstaaten, wobei die einzelnen Nummern melancholischer, nachdenklicher und introvertierter wirken. Während Sir Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker einzelne Tänze oft und gerne aufführen, hat die Präsentation des gesamten Opus 72 eher Seltenheitswert.
Folkloristische Tanzrhythmen prägen auch die Sinfonietta von Dvořáks Landsmann Leoš Janáček. Doch das Stück, dessen berühmte Eingangsfanfare 1926 für ein Fest der Turnergemeinschaft »Sokol« entstand und dann vom Komponisten zu einem fünfsätzigen Orchesterwerk erweitert wurde, ist mehr als die musikalische Auseinandersetzung mit nationalen Tänzen; es gilt vielmehr als patriotisches Bekenntnis für die damals noch junge tschechische Republik und als Hommage an Janáčeks Heimatstadt Brünn – kraftvoll, klangsinnlich und triumphierend.
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