Andris Nelsons dirigiert Mahlers Zweite Symphonie
Gustav Mahlers Zweite Symphonie ist ein Werk jenseits aller Grenzen. Nicht weniger als das gesamte Universum will sie abbilden: das Erhabene und das Alltägliche, Tradition und Avantgarde, pastorale Heiterkeit und dämonische Groteske, Lied und Choral, Tod und Auferstehung. Entsprechend vielgestaltig und grandios gibt sich die Musik. Sie wird hier von Andris Nelsons, Leiter des Boston Symphony Orchestra und des Gewandhausorchesters Leipzig, dirigiert.
Lange Zeit suchte Mahler die passende Form für sein Universalkunstwerk. Und dann nahm er an der Totenfeier Hans von Bülows, des ersten großen Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker, teil: »Da intonierte der Chor von der Orgel den Klopstock-Choral Auferstehen«, schrieb er. »Wie ein Blitz traf mich dies und alles stand ganz klar und deutlich vor meiner Seele!« Klopstocks Worte bestätigten ihm, was ihn schon lange umtrieb: im Finalsatz einen Chor einzusetzen, zusammen mit einer Sopran- und Altsolostimme.
Mahler vereint in dieser fünfsätzigen Symphonie verschiedene Gattungen – Symphonie, Symphonische Dichtung, Symphonie-Kantate – und sprengt damit das damals übliche Formschema. Der Anfangssatz, den ein düsteres, marschähnliches Hauptthema und ein lyrisches, überirdisch anmutendes Seitenthema prägen, beschreibt die Totenfeier für einen geliebten Menschen. Er bildet das Pendant zu dem großen Chorfinale, das nach apokalyptischen Tönen in Klopstocks hymnisches Gedicht Auferstehen mündet. Die drei kurzen Mittelsätze führen in ganz andere Welten: in eine heitere Tanzveranstaltung, ans Wasser zu den Fischen und in die Gebetsszene einer naiven, gläubigen Seele. Mahler hat im dritten und vierten Satz zwei seiner Wunderhorn-Lieder, Des Antonius von Padua Fischpredigt und Urlicht, integriert. Für die Uraufführung engagierte der Komponist die Berliner Philharmoniker, die im März 1895 zunächst die ersten drei Sätze, im folgenden Dezember die gesamte Symphonie präsentierten. Die Presse reagierte auf das monumental besetzte Werk mit Unverständnis. Das sei keine Musik, sondern »Lärm, Skandal, Unfug, Umsturz«.
Mit Andris Nelsons – der neben seiner Chefposition beim Boston Symphony Orchestra seit Februar 2018 auch Gewandhauskapellmeister in Leipzig ist – steht in diesem Konzertprogramm, bei dem der MDR Rundfunkchor Leipzig sowie die Sopranistin Lucy Crowe und die Altistin Gerhild Romberger mitwirken, ein Dirigent am Pult der Berliner Philharmoniker, der sich schon früh für die Musik Gustav Mahlers begeistert hat. »Mahlers Musik berührt mich sehr«, bekennt er. »Sie enthält alles, von naiver Kindlichkeit bis zur größten Katastrophe. Seine Symphonien bilden die gesamte Welt ab.«
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