The Berlin Phil Series: Tango & mehr
Mit Tanz-Rhythmen und spannenden Instrumentalbesetzungen – vom Klaviertrio über ein Englischhorn-Quartett bis zum Bratschenensemble – verabschiedeten sich die Mitglieder der Berliner Philharmoniker in die diesjährige Sommerpause. Damit fand zugleich die Berlin Phil Series, die ein Zusammenkommen trotz Kontaktbeschränkungen ermöglichte, ihren Abschluss: Nach Werken von Erich Wolfgang Korngold, Étienne Perruchon und Jean Françaix bildeten Tangos von Astor Piazzolla in einer Aufnahme mit den 12 Cellisten ein außergewöhnliches Konzertfinale.
Der Tanz als Verbindung von Klang, Rhythmus und körperlicher Bewegung gehört zweifellos zu den elementaren Aspekten aller Musik. Obwohl sich das Publikum in den Konzertsälen ans Stillsitzen gewöhnen musste, spielt der Tanz auch in der Geschichte der »ernsten« Musik eine wichtige Rolle. Am hör- und sichtbarsten natürlich in der besonders in Frankreich und Russland reichen Tradition des Balletts. Aber auch die Suiten-Sätze von Bach basieren auf Tanzformen, und die Symphonie der Klassik enthielt bis zum mittleren Beethoven stets einen Menuett-Satz. Der Wiener Tonfall schließlich ist von Schubert bis Alban Berg ohne Reminiszenzen an den Ländler ebenso undenkbar wie der Rosenkavalier ohne Walzer.
Unter dem Motto »Tango & mehr« widmeten Mitglieder der Berliner Philharmoniker die letzte Folge der Berlin Phil Series Werken des 20. Jahrhunderts, die von den Rhythmen und Harmonien verschiedener Tänze angeregt wurden. Die Komponisten der aufgeführten Kammermusik-Werke verbindet, dass ihnen Berührungsängste mit der Unterhaltungsmusik fremd waren. So integrierte der später für seine Filmpartituren mehrfach mit dem Oscar ausgezeichnete Erich Wolfgang Korngold – ein Wunderkind der Musikgeschichte – Walzer-Elemente in das Finale seines frühen Klaviertrios. Der ebenfalls als Komponist von Filmmusik erfolgreiche Jean Françaix bezieht sich im ersten Satz seines Quartetts für Englischhorn und Streicher auf den Ragtime, dem ein schwermütiger langsamer Satz folgt. Wie effektvoll Musik in der reduzierten Besetzung für ein Melodie- und ein Perkussions-Instrument sein kann, zeigen die 5 Danses dogoriennes von Étienne Perruchon für Cello und Pauke.
Eine beeindruckende Karriere ist in der Klassikwelt des letzten halben Jahrhunderts dem Tango gelungen. Zu dessen komplexer Entstehungsgeschichte trugen in die Sklaverei gezwungene Menschen aus Afrika ebenso bei wie nach Südamerika ausgewanderte Europäer – und sogar Instrumentenbauer aus Deutschland, wo das Bandoneon (später Harmonium) als mobiles Kircheninstrument entwickelt und eingesetzt worden war. Zu einer eigenständigen Form der Kunstmusik entwickelte sich der Tango dann in den Händen Astor Piazzollas. In diesem Konzert wird seine Ausdruckskraft von mittleren und tiefen Streichinstrumenten in Gestalt der philharmonischen Bratschen-und Cello-Ensembles beschworen. Dass der Tango längst zu einer universellen Musiksprache geworden ist, beweisen im vorliegenden Programm Kompositionen aus Finnland und Russland.
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