Französischer Klangzauber mit Juanjo Mena
Klangraffinesse und französischer Esprit prägen dieses Programm – etwa wenn Maurice Ravel in Daphnis et Chloé von der Liebe dieses Paars der Antike erzählt. Mit einer teils delikaten, teils archaisch-herben Tonsprache schildert er schüchternes Verlieben, erzwungene Trennung und glückliches Wiedersehen. Impressionistisch und virtuos gibt sich das Concertino von Germaine Tailleferre mit Soloharfenistin Marie-Pierre Langlamet. Dirigent Juanjo Mena eröffnet den Abend mit der Ouvertüre Ramuntcho von Gabriel Pierné.
Ohne die Erlaubnis ihres Vaters nahm die junge Germaine Tailleferre heimlich Unterricht in Klavier und Solfège am Pariser Konservatorium, wo man ihr Talent anerkannte und förderte. So wurde sie das einzige weibliche Mitglied der berüchtigten Groupe des Six, die sich um 1920 im Pariser Künstlerviertel Montmartre formierte. Ihr Concertino für Harfe und Orchester schrieb die Komponistin wenige Jahre später in Manhattan, wo sie in kurzer Ehe lebte. Das klassisch gestaltete Stück orientiert sich an den Konzerten Mozarts; gleichzeitig schrieb Tailleferre »Musik von einer solchen Frische – man könnte sagen, dass sie gut riecht« (Darius Milhaud). Marie-Pierre Langlamet – seit 1993 Mitglied der Berliner Philharmoniker – präsentiert den Solopart eines der heute beliebtesten Harfenkonzerte des 20. Jahrhunderts.
Auch als Juanjo Mena 2016 bei den Berliner Philharmonikern debütierte, gestaltete der für seine gestochen scharfen Lesarten bekannte Dirigent gemeinsam mit Marie-Pierre Langlamet ein Werk für Harfe und Orchester – eingebettet in ein Programm, das die wechselseitigen Einflüsse zwischen Spanien und Frankreich beleuchtete. Auch die Ouvertüre zu Beginn seines zweiten Programms thematisiert diese Verbindung: Der französische Komponist Gabriel Pierné vertonte im Bühnenwerk Ramuntcho Pierre Lotis gleichnamigen Roman, der als eine Liebeserklärung an das Baskenland gilt.
Ein »großes musikalisches Freskogemälde« wollte Maurice Ravel mit Daphnis et Chloé schaffen, »weniger auf Archaik bedacht als auf Treue zu dem Griechenland meiner Träume«. Die vom Komponisten als »ununterbrochene Tortur« erlebte Premiere des Balletts 1912 stand im Schatten einer am selben Abend stattfindenden Aufführung von Debussys skandalös-anrüchigem Prélude à l’après-midi d’un faune. Ravels von enormer Farbenpracht durchzogenes Schäferspiel erfuhr jedoch – zunächst in Form zweier Suiten – volle Rehabilitation. Und Igor Strawinsky bekannte, Daphnis et Chloé sei für ihn eines der »schönsten Produkte der gesamten französischen Musik«.
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