Christian Thielemann dirigiert Tschaikowskys »Pathétique«
»Bitterlich geweint« habe er während der Komposition seiner ergreifenden Pathétique, so Peter Tschaikowsky. Wobei es auch einige Abgeklärtheit braucht, um ein solch genial konstruiertes Werk zu schaffen, in dem es etwa einen Walzer im komplizierten 5/4-Takt gibt. Christian Thielemann gibt beiden Welten der Symphonie Raum, der Emotion und der kunstvollen Faktur. Zudem erklingen Werke von Debussy und Messiaen.
Egal ob er Wagner in Bayreuth oder Bruckner mit den großen Orchestern der Welt aufführt – Christian Thielemanns Interpretationen der deutschen Spätromantik erzielen stets höchstes Kritikerlob. Umso interessanter ist dieses Konzert, das jene Epoche aus russischer Perspektive beleuchtet: mit Peter Tschaikowskys aufwühlender Sechster Symphonie mit dem Beinamen Pathétique.
Tschaikowsky selbst erklärte die Symphonie zum »Schlussstein seines gesamten Schaffens«; bei der Komposition sei er immer wieder in Tränen ausgebrochen. Die Vorstellung von der Pathétique als Tschaikowskys Vermächtnis wurde noch dadurch beflügelt, dass der Komponist neun Tage nach der Uraufführung starb. Zeitgenossen indessen berichten, Tschaikowsky habe an dem Werk nicht anders als an jedem anderen gearbeitet und sich unmittelbar nach der Vollendung weiteren Projekten zugewandt.
Welchen Weg die Musik nach Tschaikowskys Tod nahm, zeigen Claude Debussys kurz darauf entstandene Nocturnes. Diese tragen zwar den Untertitel »Symphonisches Triptychon«, lassen die traditionelle Symphonie aber weit hinter sich und wenden sich in ihren flirrenden Stimmungsbildern der neuen Gattung der Tondichtung zu. Mit seinen intensiven Klangfarben inspirierte Debussy zahllose nachfolgende französische Komponisten, darunter Olivier Messiaen. Sein Gesangszyklus Poèmes pour Mi, gewidmet Messiaens erster Ehefrau, ist ein strahlendes Bekenntnis zum Glauben und zum Sakrament der Ehe – und steht damit im spannenden Kontrast zur Resignation und zum Aufbegehren der Pathétique.
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