Ravels Klavierkonzert G-Dur mit Seong-Jin Cho und Simon Rattle
Als »Entdeckung« feierte die Presse den Pianisten Seong-Jin Cho, als dieser 2017 mit gerade 23 Jahren für den erkrankten Lang Lang einsprang. Auf dem Programm seines philharmonischen Debüts unter Leitung von Simon Rattle: Ravels G-Dur-Klavierkonzert, das der Gewinner des Warschauer Chopin-Wettbewerbs mit fragiler Poesie und perfekt dosierter Vehemenz interpretierte. Ebenfalls auf dem Programm: Richard Strauss Don Juan und Brahms’ Vierte Symphonie.
Bevor die Berliner Philharmoniker zum letzten Mal unter Leitung von Simon Rattle nach Asien reisen, präsentieren sie ihr Tourneeprogramm in Berlin. Neben klangvollen Werken von Brahms und Strauss ist Ravels zwischen betörender Zartheit und jazziger Vehemenz changierendes G-Dur-Klavierkonzert zu hören.
Ein furioses Scheitern: So ließe sich Richard Strauss’ Tondichtung Don Juan (nach den gleichnamigen »Dramatischen Szenen« von Nikolaus Lenau) beschreiben, die Sir Simon Rattle an den Anfang dieser Konzerte gestellt hat. Denn in dem vielfarbig schillernden Werk, in dem Strauss virtuos die ganze Klangpalette des spätromantischen Symphonieorchesters in Szene setzt, folgt auf spektakuläre Klangfülle ein düster-verhangener Ausklang: Wie ein böser Spuk haben sich alle Leidenschaften und Triumphe des Don Juan in Luft aufgelöst: »Der Brennstoff ist verzehrt, und kalt und dunkel ward es auf dem Herd« (Nikolaus Lenau).
Nach Strauss’ Don Juan steht Maurice Ravels G-Dur-Klavierkonzert auf dem Programm. Obgleich Ravel in dieser Komposition selbst die klassischen Elemente betonte, ist das Werk von einer Auseinandersetzung mit der Sonatenform à la Beethoven weit entfernt: Die Eckteile erinnern mit ihren tänzerische Rhythmen und Blechbläser-Glissandi eher an ausgelassene Jazzklänge. Mit der kunstvollen Simplizität des zweiten Satzes kehrte Ravel hingegen zu jener »archaischen Lyrik« (Arbie Orenstein), die er bei seinem Lehrer Gabriel Fauré kennengelernt hatte. Solist des Abends ist anstelle des leider erkrankten Lang Lang der koreanische Shootingstar Seong-Jin Cho, 2015 Gewinner des legendären Chopin-Wettbewerbs in Warschau.
Nach der Pause erklingt die Vierte Symphonie von Johannes Brahms, von deren erfolgreicher Uraufführung am 25. Oktober 1885 Richard Strauss berichtete: »Es ist schwer, alles das Herrliche, was dieses Werk enthält, mit Worten zu definieren, man kann nur immer wieder andächtig zuhören und bewundern.« Joseph Joachim notierte anlässlich der ersten Aufführung durch die Berliner Philharmoniker am 1. Februar 1886: »Der geradezu packende Zug des Ganzen […], das wunderbar verschlungene Wachstum der Motive noch mehr, als der Reichtum und die Schönheit einzelner Stellen, haben mir’s geradezu angetan, so daß ich fast glaube, die e moll ist mein Liebling unter den vier Symphonien.«
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