Sir George Benjamin dirigiert die Berliner Philharmoniker
George Benjamin hat sich als Schöpfer kraftvoller, vielschichtiger Werke einen Namen gemacht und ist in dieser Saison Composer in Residence der Berliner Philharmoniker. Als Dirigent präsentiert er hier Musik von Boulez, Ravel und Ligeti, welche die musikalische Moderne von ihrer originellsten Seite zeigt. Von Benjamin selbst ist Palimpsests zu hören – ein Werk voll »elementarer Kontraste, das in acht Minuten soviel Substanz zeigt wie manch vollständige Symphonie« (The Guardian).
Als Solist debütiert hier Cédric Tiberghien – dafür ausgewählt hat er Maurice Ravels Klavierkonzert für die linke Hand ausgewählt, ein technisch immens anspruchsvolles Werk, in dem sich dramatische Ausbrüche, klangvolle Lyrismen und mitreißende Jazz-Effekte die Waage halten. Vom Klavierspiel ist Tiberghien nach eigenem Bekunden seit frühester Kindheit »geradezu besessen«. Als 14-Jähriger begann er am Pariser Conservatoire zu studieren, wo ihm bereits drei Jahre später der Premier Prix verliehen wurde. Seine Erfolge bei internationalen Wettbewerben gipfelten 1998 beim Concours Long-Thibaud-Crespin in Paris, wo Cédric Tiberghien den Ersten Preis gewann – sowie nicht weniger als fünf Sonderpreise! Es folgte eine steile internationale Karriere, die den französischen Pianisten in die bedeutendsten Konzertsäle in aller Welt führte.
Eingeleitet wird der von George Benjamin dirigierte Abend von Pierre Boulez’ Komposition Cummings ist der Dichter, dessen Titel auf einem Missverständnis beruht: Als Boulez von einem Konzertveranstalter gefragt wurde, wie das Stück heißen solle, schrieb er in einem nicht sehr guten Deutsch sinngemäß zurück: »›Ich habe noch keinen Titel, und ich kann Ihnen nur sagen, dass Cummings der Dichter ist, den ich gewählt habe.‹ Die Antwort einer Sekretärin, die meinen Brief sicher schlecht verstanden hatte, lautete: Quant à votre œuvre ›Cummings est le Poète‹, en allemand: ›Cummings ist der Dichter‹. Ich fand, dass es gar keinen besseren Titel geben könne, als den, der hier durch Zufall entstanden war.« Den Vokalpart übernimmt das Ensemble ChorWerk Ruhr, das zu den bedeutendsten Kammerchören Deutschlands zählt.
Anschließend steht mit György Ligetis Clocks and Clouds eine nicht minder komplexe Komposition auf dem Programm, die eine durch Mikrointervalle eingefärbte diatonische Melodik und Harmonik verwendet: »Periodische, polyrhythmische Klangkomplexe verschmelzen zu diffusen, flüssigen Zuständen und umgekehrt. Der abstrakte ›Text‹ des Stückes ist im Internationalen Phonetischen Alphabet notiert und dient der rhythmischen Artikulation und Klangfarbentransformation« (Ligeti). Abgerundet wird der Abend mit George Benjamins Orchesterwerk Palimpsests, dessen erster Teil zu Boulez’ 75. Geburtstag entstand. Der Titel bezieht sich auf ein antikes bzw. mittelalterliches Schriftstück, von dem der ursprüngliche Text abgeschabt und das danach neu beschrieben wurde – so, dass die verschiedenen Ebenen des Schreibens erkennbar bleiben und geheimnisvolle Einblicke in die Vergangenheit ermöglichen. Auch Benjamins zweiteiliges Werk spielt »mit diesen verschiedenen Perspektiven einander überlagernder musikalischer Schichten«, erläuterte der Komponist.
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