Herbert Blomstedt dirigiert Bruckners Fünfte Symphonie
Bruckners Fünfte Symphonie ist das Dokument einer Lebenskrise. Der 50-Jährige war zur Zeit ihrer Entstehung weder künstlerisch akzeptiert, noch hatte er die schmerzlich ersehnte Lebenspartnerin gefunden. Mit ihrer selbstbewussten Final-Architektur und den feierlichen Chorälen offenbart die Symphonie allerdings eher Auflehnung als Verzagen. Dirigiert wird sie hier von Herbert Blomstedt, einem der herausragenden Bruckner-Interpreten unserer Zeit.
Herbert Blomstedt sagte einmal in einer seiner Werkeinführungen für die Digital Concert Hall, Anton Bruckners Symphonien würden Herz und Verstand ihrer Interpret*innen gleichermaßen herausfordern. Tatsächlich ist nicht nur die enorme Ausdruckstiefe dieser Kompositionen bemerkenswert, sondern auch ihre meisterhafte Bauweise.
Bruckners Fünfte Symphonie weist deutliche Parallelen zu den letzten Gattungsbeiträgen von Mozart und Beethoven auf: Mit Mozarts Jupiter-Symphonie teilt sie die kontrapunktische Raffinesse des letzten Satzes, in dem verschiedene selbständige Themen in Fugentechnik übereinander geschichtet werden. Mit Beethovens Neunter verbindet sie die starke motivische Verklammerung aller Sätze und die dramaturgische Ausrichtung aufs Finale. So sind die Themen der Mittelsätze eng miteinander verwandt, und die Einleitung des Werks wird zu Beginn des Finales fast wörtlich zitiert. Selbst bei Bruckner sind wenige Passagen von so großer Komplexität zu finden wie die Durchführung des letzten Satzes: Hier werden verschiedene Themen nicht nur miteinander kombiniert, sondern auch in Einzelteile zerlegt, umgekehrt und in ihrer Länge verdoppelt oder halbiert. Von unübertrefflich erhabener Wirkung ist schließlich das Ende mit seinem strahlenden Blechbläser-Choral.
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