Andris Nelsons mit Bruckners Achter
Für Andris Nelsons ist Bruckners Achte ein Werk mit einer einzigartigen Aura: »Bruckner drang hier in Regionen vor, die anderen Komponisten unerreichbar blieben.« Entsprechend bedeutet die Aufführung der Symphonie für ihn »eine existenzielle Erfahrung«. Das wird in Nelsons’ Interpretation hörbar: Das Anschwellen und Abbrechen musikalischer Spannungsbögen entwickelt bei ihm einen klanglichen Sog, dem man sich kaum entziehen kann.
Anton Bruckner hat seine Siebte Symphonie dem Bayern-König Ludwig II. und seine Achte dem Habsburger Kaiser Franz Joseph I. gewidmet. Die Neunte Symphonie wollte er – einer nicht gesicherten Überlieferung zufolge – dem »lieben Gott« zueignen. Bruckners Demut gegenüber weltlichen Autoritäten und seine tiefe Religiosität, die sich in dieser ansteigenden Hierarchie der Widmungsträger zeigen, gehörten zu den bezeichnenden Eigenschaften des Komponisten. Sie scheinen in einem Spannungs-, vielleicht aber auch in einem Bedingungsverhältnis mit der Radikalität zu stehen, die Bruckners gewaltige musikalische Konzeptionen auszeichnen. Dies zeigt sich gerade in der Achten Symphonie – seiner längsten – in besonderer Weise.
Die Werkeinheit, die Bruckner im Verlauf seines Schaffens auf immer komplexere Weise erreichte, wird in der Achten in der Großform ebenso wie im kleinsten Detail realisiert. So erklingen in einer geradezu esoterischen Passage der Coda des Finales Themen aus allen vier Sätzen gleichzeitig. Ein Dreiton-Motiv, das die allererste Phrase des Werks abschließt und am Ende des ersten Satzes im Pianissimo verlischt, wendet sich am mächtigen Schluss der Symphonie nach C-Dur. Das Adagio ist einer der ausgedehntesten und ergreifendsten langsamen Sätze des Komponisten.
Andris Nelsons’ ausgeprägte Affinität zu Bruckners Musik zeigt sich in seiner 2023 abgeschlossenen Gesamtaufnahme von dessen Symphonien mit dem Gewandhausorchester Leipzig. Auch mit den Berliner Philharmonikern hat er mehrfach Werke des Komponisten aufgeführt.
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